Kreiszeitung, 8.11.04

Szenen des alltäglichen Wahnsinns. Von Anna Deylitz

 

Sindelfingen - Man kennt sie mit Loriot und Evelyn Hamann, oder aber mit den Knollennasen-Männchen von Loriot. Jetzt spielt das Ensemble der Theater Szene 03 Loriot-Sketche. Und das durchaus erfolgreich. Man kann sie wohl kaum toppen, diese Szenen alltäglichen Wahnsinns, die Loriot, alias Vicco von Bülow selbst geschaffen hat, aber man könnte sie kaputt spielen. Regisseur Jürgen Siehr ist es gelungen, sehr leise diesen wunderbaren Sketchen Eigenes hinzuzufügen, ohne sie wirklich umzubiegen. Und so sitzen denn in der ersten Szene vier Schauspieler, zwei Ehepaare, ein wenig aufgebrezelt die Damen, und man weiß, aha, der "Kosakenzipfel". Die Szenen erweisen sich als außerordentlich gut spielbar, die Spieler als ihnen gewachsen und das Ganze wird zu einem Hauptspaß.
Man kann kaum sagen, welcher der sieben Schauspieler in welcher der Szenen seine besondere Stärke ausspielt. Kerstin Dehning-Perc, Frithjof Künzel, Tristan Materna, Friedel Raff, Jürgen Siehr, Karsten Spitzer und Gudrun Steinle erweisen einmal mehr ihre Vielfalt und ihre Fähigkeit, sich auch in solchen kurzen Sketchen schnell in Rollen hineinzufinden. Vielleicht sind es dabei die weniger bekannten Szenen, die besonderen Spaß machen, wie etwa die peinlich-schöne Geschichte mit dem armen Filmmonster-Menschen, der diese Rolle so hervorragend ausfüllt, weil er einfach er selbst bleiben darf/muss, oder die absurde Geschichte von dem armen Interviewer, dem man anstelle eines Astronauten einen freundlich-interessierten Beamten vorgesetzt hat. (...)

Vielleicht hätte man mit den Requisiten noch ein wenig sparsamer umgehen können, um die Zwischenzeiten und damit den Abend zu verkürzen, aber die Zwischenmusiken passen gut und sind unterhaltend. Wenn dann die Texte sitzen, Licht und Technik klappen, wie bei dieser Aufführung, dann kann man einmal mehr gut unterhalten und ein wenig beschwingter heimgehen.

 

 

 

Sindelfinger Zeitung, 9.11.04

Viel Spaß auf hohem Niveau

Theater Szene 03 überzeugt mit Loriots Dramatischen Werken im Theaterkeller

Von unserem Mitarbeiter Ulrich Holthausen



Das durchaus gewagte Unterfangen ist vollauf geglückt: Theater Szene 03 präsentierte "Loriots Dramatische Werke" auf der Bühne des Sindelfinger Theaterkellers. Unterhaltung der Spitzenklasse sind Loriots Sketche ohnehin, doch gute darstellerische Arbeit und eine originell geradlinige Inszenierung sorgten für einen amüsanten Abend auch im Bühnenformat.

"Herren im Bad", das Zitronencremebällchen am "Kosakenzipfel" oder "der Lottogewinner" sind längst zu Klassikern der deutschen Humorlandschaft avanciert. Und diese Sketche sind wohl vertraut. Schon vor dem ersten Ansatz hagelt es dann Lacher im übervollen Theaterkeller. Drastisch wirklich im kargen Strich - die Umsetzung in die Gegebenheiten der Bühne war da die große Frage. Regisseur Jürgen Siehr beantwortet sie. Strikt bleibt er bei der kongenialen Wortwahl Vicco von Bülows. Doch er setzt auch Akzente.

Wie die schwäbische Pointierung durch Gudrun Steinle. Und er baut für jeden Sketch ein kleines Bühnenbild auf. Dadurch behaupten sie ihre wichtige eigene Authentizität. Und selbst die zuvor nur als Zeichentrickfilm mit den legendären Knollennasenmännchen bekannten "Feierabend", "Herren im Bad" oder "Der sprechende Hund" werden auf der Bühne da live lebendig.

Doch dass "die Lieblingsfarbe grau" in all ihren Schattierungen auf der Bühne dann auch wirklich funkelt ist auch ein Verdienst guter darstellerischer Arbeit. Mit Loriot‘schem Darstellerpotential eines Frithjof Künzel, Karsten Spitzer und "Evelyn Hamann" Gudrun Steinle an der Spitze.

Live und auf der Bühne werden bei dem etwas anderen Loriot Erlebnis die legendären Humor Klassiker lebendig. Unterhaltsam und kurzweilig. (...) Jürgen Siehrs "Versuch mit Theater Szene 03 auch mal etwas Lustiges anzubieten", scheint gelungen. Und das auf hohem Niveau. Und den Besucher beschleicht die bange Frage: Kann Unterhaltung pur etwa auch Tiefgang haben? Ach was.